Aus dem Stadtrat vom 27.11.: Fraktionserklärung

Schlagzeilen der letzten Wochen lauteten oft: Konjunkturschwäche, Deutschland schrammt an Rezession vorbei, Abschwung befürchtet. Jetzt fehlt nur noch: „Arbeitgeber ermahnen Gewerkschaften zur Lohnzurückhaltung“.

Nun kann weder die Verwaltung noch der Stadtrat an den wirtschaftlichen Entwicklungen national oder gar global etwas ändern. Unsere Wirtschaft wird vor allem von kleinen und mittleren Unternehmen geprägt, von Handwerk, Dienstleistungen und Einzelhandel. Sie bilden das wirtschaftliche Rückgrat unserer Stadt, sie sind auch Garant dafür, dass im Falle eines Abschwungs schnellere Anpassungsprozesse möglich sind, als bei Großkonzernen. Die Autoindustrie oder die Windkraftbranche zeigen das leider eindrucksvoll.

Und wenn das in unserer Stadt so ist, dann hat meine Fraktion ein Problem damit, dass die Verwaltung mit dem Mittelstand wenig pfleglich umgeht. Allein wie Stadtplaner und Investoren mit kleinen Unternehmen umspringen, die großen Wohnbebauungen oder anderen Stadtentwicklungen im Wege sind, spricht Bände.

Wenn im Baugebiet „Altendorfer Bahnhof“ vier kleine Unternehmen seit Jahr und Tag ansässig sind, die dann aus Investoreninteresse regelrecht vertrieben werden – ich weiß, die zuständigen Ämter sehen das anders -, dann machen wir etwas falsch. Die ursprüngliche Planung am Viadukt, die Unternehmen ihren Standort kosten würde, oder der Umgang mit einem Unternehmen in der Reineckerstraße stehen dafür beispielhaft.

Dazu kommt, dass bei Investitionen in der Innenstadt, wie beim Neubau der Eins Energie, keine Impulse für Handel und Wandel in der Kernstadt beachtet werden. Immer gibt es die stereotype Antwort: „Der Investor will das nicht, die Chemnitzer nehmen das nicht an, der Handel ist nicht interessiert.“ Wenn in den Erdgeschosszonen Frühstücksräume oder eine Kantine einziehen, dann ist das kein Impuls für eine lebendige Innenstadt, sondern bloße Fortschreibung der Gegenwart in die Zukunft und eine Kapitulation vor Investoreninteressen.

Wir wollen Kulturhauptstadt werden und bebauen unsere Innenstadt, dort wo wir noch Einfluss haben, bürgerunfreundlich, um nicht zu sagen, öde. Werden die Öffnungszeiten des Weihnachtsmarktes 2019 falsch entschieden, können wir diese 2020 wieder gerade rücken. Wo gebaut wird, stehen unsere heutigen Fehler dann 50 und mehr Jahre.

Zum Schluss: Durch Urteil des Verwaltungsgerichts sind die beiden offenen Verkaufssonntage im Advent nur in der Kerninnenstadt möglich. Man kann zu verkaufsoffenen Sonntagen stehen wie man will, dafür oder dagegen. Der Onlinehandel hat an sieben Tagen die Woche 24 Stunden auf. Wir erwarten von der Stadtverwaltung, dass sie für 2020 nun Regelungen findet, die sauber das Ladenschlussgesetz abbilden und gerichtsfest sind, damit wir eben einen klitzekleinen Beitrag als Kommune für den Einzelhandel in unserer Stadt leisten können.

Unsere Stadt muss weiter und besser mittelstandsfreundlich sein und an der einen oder anderen Stelle wieder werden. Unsere Stadt wird dann wachsen, wenn gute Arbeitsplätze bei guter Entlohnung mit guten kinderfreundlichen Bedingungen für junge Familien, mit Kultur und Sport vorhanden sind und dies mit einer weltoffenen, lebenswerten Atmosphäre verbunden ist. Dieses Logik sollten wir bei unserem Handeln stets beachten.