Aus dem Stadtrat vom 15.7.: Würdigung von Leistungen, die Erzieherinnen und Erzieher während Corona in Chemnitz erbracht haben
Wir erinnern uns alle sicher noch sehr gut an die Anfangsphase der Corona-Pandemie: das
ungläubige Staunen und die schockierenden Bilder aus Krankenhäusern in Spanien und Italien. Ab
Mitte März wurde das öffentliche Leben auf ein Minimum zurückgefahren. Die Straßen waren für
einige Tage erstaunlich still. Aber die sogenannten systemrelevanten Berufe waren plötzlich gefragt
wie nie. In Familien mit Eltern, die einem systemrelevanten Beruf nachgingen, brach Hektik aus:
wohin mit den zu betreuenden Kindern: Horte und Kitas zu, Großeltern und Nachbarn (eigentlich)
tabu?
Die unwahrscheinlich zügig installierte Notbetreuung in den Kitas hat ermöglicht, dass bspw. Pflege
oder medizinische Versorgung sowie öffentliche Sicherheit sichergestellt werden konnte. Und dass,
obwohl es im März mehr als schwierig bis aussichtslos war, Desinfektionsmittel bzw. Schutzmasken
zu bekommen (die diesen Namen auch verdienen). In dieser Zeit haben sich Erzieherinnen und
Erzieher einem unbekannten Gesundheitsrisiko ausgesetzt und Kinder betreut, die sich nicht um
Abstandsregeln und Niesetikette scherten, ganz im Gegenteil.
Zudem mussten Hygienekonzepte eilig erstellt und oft über Nacht umgesetzt werden. Zu betonen ist
eindringlich, dass Erzieherinnen und Erzieher sich eben nicht explizit bspw. mit einer Plexiglasscheibe
oder Schutzanzügen schützen konnten, so wie das anderen Berufsgruppen möglich war. Weiterhin
muss auch der Umstand bedacht werden, dass ¼ der Erzieherinnen und Erzieher für die
Notbetreuung nicht zur Verfügung standen, da diese selbst zur Risikogruppe zählten. Es wurden sehr
verschiedene und zum Teil auch sehr phantasie- und liebevolle Strategien entwickelt, Kinder in den
Einrichtungen zu betreuen als auch Kontakte zu Kindern herzustellen, die nicht in die Notbetreuung
kommen konnten. Dies reichte von virtuellen Treffen mit gemeinsamer Singstunde über
Osterbastelpäckchen, über das Verschenken von Perlenregenbögen für die Fenster als Zeichen der
Hoffnung und regelmäßigen E‑Mail –Kontakt über die Eltern an die Kinder…
Bis heute haben Erzieherinnen und Erzieher in den Kindergärten und Horten mit einem veränderten
und herausfordernden Berufsalltag in Bezug auf die Bewältigung der Corona-Pandemie zu tun.
Wir von der Fraktion DIE LINKE/Die Partei sind der Meinung, dass gerade diese Berufsgruppe eine
Würdigung verdient hat, weil sie in der Anerkennungsdebatte bislang kaum eine Rolle gespielt hat.
Wir bitten um Ihre Zustimmung, dass Erzieherinnen und Erzieher, welche die Notbetreuung
sichergestellt haben, als kleine, einmalige Aufmerksamkeit die Möglichkeit haben, mit ihren Familien
oder auch alleine eine kommunale Einrichtung bzw. ein Unternehmen der Stadt besuchen zu können
und dafür einen Gutschein von mindestens 30 € bis höchstens 50 € erhalten. So könnte man bspw.
eine Jahreskarte für den Tierpark erhalten, Workshops im Botanischen Garten besuchen, einen
Abend in der Oper verbringen, eine Zehner-Karte für das Stadtbad kaufen oder eben auch mal eine
Massage im Stadtbad erhalten (Das war nämlich unisono die Antwort auf meine mehrfach gestellte
Frage: “Was würden Sie sich denn wünschen als kleine Aufmerksamkeit?” “Eine Massage”).
Die finanziellen, einmaligen Auswirkungen sind überschaubar. Von den knapp 1100 Erzieherinnen
und Erziehern beim öffentlichen Träger waren im Zeitraum vom 18.03.17.05.20 insgesamt 835 in
der Notbetreuung tätig. Der Anteil für unsere kommunalen Erzieherinnen und Erzieher kann ganz
sicher aus den vorhandenen, aber nicht gebrauchten Personalkosten gedeckt werden. Für die freien
Träger wollten wir diese – corona-bedingten – Mehraufwendungen aus dem Stabilisierungsfond
Sachsen, also aus den Mittelzuweisungen im Rahmen der allgemeinen Schlüsselzuweisungen,
ausgeben, da diese Anerkennungsleistungen aus unserer Sicht selbstverständlich im unmittelbaren
Zusammenhang mit der Bewältigung der Corona-Pandemie stehen. Da in diesem Punkt die
Verwaltung anderer Auffassung ist, möchten wir einen Änderungsantrag einreichen, der für beide
Erzieherinnengruppen die Deckungsquelle „Personalkosten“ vorsieht.
Gehen wir davon aus, dass ähnlich wie beim öffentlichen Träger auch bei den Freien Trägern ca. 800
Erzieherinnen und Erzieher in der Notbetreuung tätig waren, kommen wir auf eine Summe von
mindestens 48.000 € und maximal 80.000€ aus.
Eine Summe, die im Übrigen ganz im Sinne der Mitarbeiter_innenzufriedenheit gut investiert ist. Die
Erhöhung der Mitarbeiter_innenzufriedenheit zählt übrigens zum Maßnahmepaket, welches die
Verwaltung Ende 2019 aufgelegt hat, um freie Stellen für Erzieherinnen und Erziehern in den Kitas zu
besetzen bzw. diese besetzt zu halten.
Und um vorweg das Argument zu entkräften, damit würde eine Berufsgruppe bevorzugt werden und
es hätten ja auch viele andere großartige Leistungen gezeigt. Ja, auch andere Berufsgruppen haben
großartiges geleistet und dafür zum Teil auch Anerkennung erhalten. Ob diese genügt oder nicht,
muss nicht hier diskutiert werden.
Es geht uns mit diesem Beschlussantrag nicht um das gegenseitige Ausspielen der verschiedenen
Professionen und die Überlegung stellt sich an dieser Stelle nicht, wer hat mehr geleistet, wer hat
mehr Würdigung verdient. Heute und hier geht es einzig und allein um die Berufsgruppe der
Erzieherinnen und Erzieher. Eine, wie in der Stellungnahme der Verwaltung behauptete
Ungleichbehandlung sehen wir aus eben genannten Gründen nicht. Gern sind alle aufgerufen, sobald
wie möglich vermeintliche oder reale Ungleichbehandlungen anderer Berufsgruppen abzubauen,
wenn dies nicht von anderer Seite aus (Land, Bund) getan werden kann.