Aus dem Stadtrat vom 14.10.: Digitalisierungsstrategie für Chemnitz
Home-Office, Digitalisierung der Schulen, Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes, Verkehrsflussplanung, Online-Terminvergabe, digitale Bürger:innenbeteiligung, und so weiter. Wir allen wollen mehr, also einfach nur eine elektronische Akte in der Verwaltung zu führen.
Digitalisierung durchdringt unsere Gesellschaft und ihr Handeln. In vielen Fällen bringt sie Vorteile mit sich: z. B. bei der Antragstellung des Corona-Paketes „In der Krise hör- und sichtbar bleiben oder für die Hundesteuer. Aber hier nur zu Hälfte. Denn die Abmeldung von Hunden kann weiterhin nur persönlich (was derzeit wirklich erschwert ist), postalisch oder per Fax erfolgen.
Sicherlich, digitale Verwaltungsprozesse und –projekte haben immer viele Hürden zu überwinden: politische oder rechtliche Bedenken, finanzielle oder organisatorische Beschränkungen und nicht zuletzt vor allem anderen und das wird viel zu oft vergessen – der Mensch.
Genau darum braucht es aus Sicht unserer Fraktion und der von Bündnis 90/Die Grünen ein Konzept zur Digitalisierungsstrategie, auch weil die aktuellen und geplanten Maßnahmen stellenweise doch als Stückwerk bzw. noch nicht gut durchdacht erscheinen. Warum bspw. erfolgt erst dieses Jahr im November die Pilotierung der Online-Terminvergabe in unseren Ämtern? Eine Anwendung, die seit über einem Jahrzehnt schon in vielen Bereichen gang und gäbe ist. Oder nehmen wir die von uns befassten Beschlüsse bezüglich der Einrichtung einer Bürger-App und kurze Zeit später der Baustellen-App – und fassen uns damit auch selber an die Nase. Wir haben eine Wunschliste erstellt, was die Apps können sollen, um die konkrete Umsetzung von Datenschutz, Bedienfreundlichkeit und Kosten haben wir uns nur wenig Gedanken gemacht.
Sicher, die Stadtverwaltung hat sich selbst schon eine Digitale Agenda gegeben, was gut ist, weil es zeigt, dass das Thema nicht ausgeblendet wird. Aber diese Agenda ist eher nach intern gerichtet und nach den gesetzlichen Vorgaben, die umgesetzt werden müssen, wie bspw. das Onlinezugangsgesetz. Und damit zeigt sich eben, woran es krankt. Es ist eher ein Schmoren im eigenen Saft.
Mit unserem Antrag wollen wir eine Digitalisierungsstrategie und einen dringend notwendigen Expert:innenbeirat, und dabei sollen alle gesellschaftlichen Bereiche umfasst werden. Ein fachübergreifender, teilweise von außen bewertender Blick wird hoffentlich dafür sorgen, dass wir eben nicht nur die gesetzlichen Vorgaben erfüllen, was eine Selbstverständlichkeit sein muss, sondern dass wir es gleich richtig machen. Auch die Barrierefreiheit und die Datensicherheit dürfen nicht außer Acht gelassen werden. So dass die Verwaltung, aber auch die Bürgerinnen und Bürger langfristig davon profitieren können.
Ich möchte ein Beispiel nennen: Im Elterngeldantrag wird die Erlaubnis eingeholt, bei Krankenkasse und Arbeitgeber Informationen einzuholen. Parallel müssen Eltern dennoch zu diesen Stellen gehen, um sich einen Stempel abzuholen. Entlastung und digitale Ämtervernetzung sieht anders aus. Und das sieht man nach unserer Auffassung eben nur, wenn die Strategie vernetzt erarbeitet wird und ein Blick von außen einbezogen wird.
Ganz wichtig bei diesem ganzen Prozess ist es, dass für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung durch die Anwendung digitaler Prozesse Vieles einfacher wird. Wir müssen aufpassen, dass es nicht zu kompliziert und schwerfällig wird, dass die Anwenderfreundlichkeit digitaler Angebote eine Selbstverständlichkeit ist. Auch heute noch gibt es Unklarheiten, wie ein Dokument ohne Ressourcenverschwendung elektronisch erfasst und weitergeleitet werden kann. PDF-Dateien mit 10 Megabyte Größe oder ein eingescanntes Schreiben als Bilddatei – hier ist viel Aufklärungsarbeit und Weiterbildung notwendig. Und das ist noch nicht einmal die Digitalisierung, über die wir heute sprechen wollen.
Der Nutzen muss für die Menschen sichtbar sein, dann werden sie es hoffentlich auch gern annehmen. Dazu braucht es spürbare Veränderungen, von denen die Bürgerinnen und Bürger und die Verwaltung profitieren.
Ein weiteres Beispiel: Damit das Bürgerinfoportal für die Stadtratsarbeit tatsächlich mehr ist, als eine Zusammenstellung lesbarer Dokumente, macht es aus unserer Sicht sehr viel Sinn, die Recherchefunktion deutlich auszubauen. Eine Wortsuche, eine Autorensuchen – das alles bringt Transparenz, macht die Bürgerschaft vielleicht neugieriger und hilft auch letztendlich den Stadträtinnen und Stadträten, aber auch der Verwaltung beim Suchen und Finden.
Bitte stimmen Sie unserem Antrag zu, lassen Sie uns den Blick vom Schreibtisch heben, nach draußen schauen, externe Kompetenz dazu holen. Wir haben bereits beim Thema Jugendbeteiligung mit so einer Arbeitsgruppe mehr als gute Erfahrungen gemacht. Dies erhoffen wir uns auch hier, denn wir haben die Fachexpertise in unserer Stadt und die sollten wir auch nutzen. Die Ergebnisse sollten dann natürlich auch mit in die Chemnitz-Strategie fließen.
Es wäre ein weiterer Schritt hin zur oft geforderten Transparenz der Stadtratsarbeit und würde auch die Anwendungsfreundlichkeit für die Bürgerschaft deutlich erhöhen. Wir sollten die Veränderungen, die der digitale Wandel mit sich bringt, als Chance sehen und für unsere Stadt nutzbar machen.