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Der Stadtrat stellt mehrheitlich klar: Das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung schützt jede und jeden

Zum Beschluss des Stadtrates von Chemnitz in seiner heutigen Sitzung, die in der Satzung der Stadt Chemnitz über die vorübergehende Unterbringung von Personen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten (Unterbringungssatzung) enthaltene Regelung, wonach Bedienstete des Sozialamtes der Stadt Chemnitz und von diesem beauftragte Dritte grundsätzlich jederzeit und auch unangekündigt berechtigt sind, die Räumlichkeiten, die wohnungslosen Menschen oder Menschen mit Migrationshintergrund, wie Spätaussiedlern, Kontingenzflüchtlingen, Asylbewerberinnen und Asylbewerber aber auch bereits anerkannten Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten in verschiedenen Wohnformen zugewiesen sind, zu öffnen und zu betreten, verfassungskonform zu ändern, erklären die Mitglieder der diesen Antrag miteinbringenden Fraktionsgemeinschaft DIE LINKE/Die PARTEI Caroline Juler als Sprecherin für Gleichstellung und Integration sowie Klaus Bartl als Sprecher für Kulturpolitik, Ordnung und Sicherheit:

Die Unverletzlichkeit der Wohnung gehört zu den essentiellen Grund- und Freiheitsrechten. Sie steht jedem Menschen zu. Dies ist auch ein Teil der durch Grundgesetz und Sächsische Verfassung unwiderruflich geschützten Menschenwürde.

Bei allen sozialhilferechtlichen und ordnungsrechtlichen Besonderheiten, die bei diesen speziellen Wohnformen und ‑einrichtungen beachtlich sein können, geht es nicht an, dass jemand in seiner Unterkunft als letzten Rückzugsraum für sich und ggf. seine Familie quasi zu jeder Tag- und Nachtzeit und ohne jeden berechtigten Anlass und Rechtfertigungsgrund durch mit Zweitschlüsseln bewaffnete Behördenmitarbeiter_innen und ‑beauftragte heimgesucht werden kann.

Das unangemeldete und unabgesprochene Eindringen in den Wohnbereich eines Menschen kann und darf nur in besonderen anlassbezogenen und durch Gesetz und Rechtsprechung geregelten Ausnahmefällen zulässig sein. Ansonsten ist das ein absolutes No-Go!

Wir sind dankbar, dass auf den Antrag unserer Fraktionsgemeinschaft und der von Bündnis 90/Die Grünen das zuständige Fachdezernat die im Beschlussantrag vorgetragenen Argumente aufgegriffen und in seiner Stellungnahme einen eigenen neuen Regelungsvorschlag zur besagten Bestimmung nach § 5 Abs. 7 unterbreitet hat, den wir als Einbringerinnen mit gutem Gewissen übernehmen konnten. Künftig dürfen die fachlich zuständigen Bediensteten des Sozialamtes oder von ihnen notwendig beauftragte Dritte derartige Wohnungen und Wohnunterkünfte nur, wenn ein auf Tatsachen gestützter besonderer Anlass bzw. Grund vorliegt und nur nach wenigsten fünf Tage vorheriger Anmeldung bzw. Ankündigung öffnen bzw. betreten, es sei denn, dass erweislich eine Gefahr im Verzuge besteht und deshalb eine vorherige Ankündigung nicht vertretbar wäre.

Dass das Öffnen und Betreten von Wohnungen zur Vollziehung gerichtlicher Beschlüsse und gesetzlich vorgesehener Aufgaben der Gefahrenabwehr davon unberührt bleiben, versteht sich von selbst.