Aus dem Stadtrat vom 12. Oktober: Jugendhilfeplan für Kinder, Jugendliche und Familien in Chemnitz 2022 2027
Der heute zu beschließende Jugendhilfeplan entwirft eine Strategie für die nächsten Jahre, genau gesagt bis 2027, um die Kinder- und Jugendhilfe in Chemnitz inklusiv, bedarfsgerecht und innovativ zu gestalten, so der formulierte Anspruch.
Wir sind sehr froh, dass es, die Beschlussfassung vorausgesetzt, einen völlig überarbeiteten Jugendhilfeplan geben wird, weil der momentan gültige eigentlich nur bis 2020 gedacht war und inzwischen ein wenig aus der Zeit gefallen wirkt.
Es handelt sich bei dem heute zu beschließenden Jugendhilfeplan zum Glück nicht um eine bloße Fortschreibung, sondern um einen, in einem umfangreichen Beteiligungsverfahren entwickelten, neu strukturierten Plan. Darum möchte ich an dieser Stelle allen danken, die sich intensiv und ernsthaft mit dem Entwurf beschäftigt haben, Änderungsbedarfe angezeigt und konkrete Änderungsvorschläge unterbreitet haben.
Entstanden ist eine Leitlinie, die wiederum in fünf Handlungsfeldern verschiedene Leitziele aufweist. Anhand von mehreren Handlungszielen wird überprüfbar, ob die aufgezeigten Maßnahmen bis 2027 greifen, oder eben nicht. Mehr als im alten Jugendhilfeplan wird der Sozialraum verstärkt in den Blick genommen. Weiterhin bietet der neue Jugendhilfeplan umfangreiche statistische Angaben für die Stadtteile mit ihren Besonderheiten und damit auch eine wunderbare Argumentationsbasis für manche Diskussionen im Jugendhilfeausschuss.
Wichtig ist uns im Zuge dieser Beschlussvorlage, darauf aufmerksam zu machen, dass der Jugendhilfeplan auf Seite 3 explizit darauf hinweist, dass die „Realisierung der Maßnahmen im Jugendhilfeplan im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel gemäß der Haushaltsplanung der Stadt Chemnitz erfolgt. Dabei behält die fortführende Akquise von Fördergeldern einen besonders hohen Stellenwert.“ Gerade im Zuge der aktuell an Fahrt gewinnenden Haushaltsdebatte möchten wir vehement verdeutlichen und einfordern, dass die Abfederung der Folgen der Corona-Pandemie für junge Menschen und die Umsetzung des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes eine enorme finanzielle Unterstützung braucht und eine spürbare Aufstockung des Etats für die Kinder- und Jugendhilfe notwendig ist, um die im Jugendhilfeplan entworfene Strategie und Handlungsleitlinien umzusetzen, auch dort, wo man es momentan noch nicht so auf dem Schirm hat.
Verdeutlichen möchten wir das am Beispiel der Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen, im Übrigen und darauf habe ich schon öfter verwiesen eine Pflichtaufgabe der Kinder- und Jugendhilfe. Hier hat das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz gerade einmal einen neuen Satz in den § 11 (Jugendarbeit) formuliert, nämlich dass für junge Menschen mit Behinderungen die Zugänglichkeit und Nutzbarkeit der Angebote sichergestellt werden soll. D.h., es braucht zum einen größtenteils bauliche Veränderungen, aber andererseits auch die Umsetzung der fachlichen Mindeststandards an Personal mit mindestens zwei Fachkräften pro Einrichtung, die wiederum mehr Zeit brauchen, wenn junge Menschen mit psychischen oder physischen Beeinträchtigungen und Erkrankungen die Einrichtungen besuchen sollten. Es braucht ggf. mehr Fortbildungen, bspw. um sich heil- und sonderpädagogischen Fachwissen anzueignen. Es braucht finanzielle Mittel für die Herstellung von Barrierefreiheit nicht nur wie eben genannt in und an Gebäuden, sondern auch in der Öffentlichkeitsarbeit. Obwohl es sich also lediglich um einen geänderten Satz im SGB VIII handelt, hat dieser massive Auswirkungen auf die finanzielle und personelle Ausstattung in der Kinder- und Jugendarbeit.
Wenn wir jetzt den Faden weiterspinnen und auf die Aufgaben blicken, die durch das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz völlig neu in das SGB VIII aufgenommen wurden, seien es auszubauende Beratungs‑, Präventions- und Beteiligungsangebote, die Nachbetreuung von jungen Volljährigen, die Etablierung von Verfahrenslotsen ab 2024, dann wird mehr als deutlich, dass die Ausgaben für die Kinder- und Jugendhilfe nicht auf dem Niveau der letzten Jahre verharren können, sonst nützt der schönste Jugendhilfeplan mit einer Entstehungszeit von mehreren Jahren und einem umfangreichen Beteiligungsverfahren nichts, weil sich sowohl die Beteiligten als auch die Nutzerinnen und Nutzer der sozialpädagogischen Angebote nicht ernst genommen sondern veräppelt und verklappst vorkommen.