Aus dem Stadtrat vom 05.04.2023: Fraktionserklärung

An sich wollte ich heute für unsere Fraktionsgemeinschaft etwas zu den aktuellen Tarifauseinandersetzungen und den von uns gesehenen Auswirkungen auf unsere Stadt Chemnitz sagen, insbesondere zu den Beschäftigten des Klinikums und den heutigen Warnstreik.

Wir können die von Ver.di erhobenen Forderungen absolut nachvollziehen und finde sie auch gerechtfertigt. Das Personal des Klinikums, das wie alle Beschäftigten im medizinischen Sektor schon in „Normalzeiten“ unter einer erheblichen Arbeitsbelastung steht, hat gerade in Zeiten der Pandemie schier Übermenschliches geleistet. Das sollte honoriert werden. Gerade jetzt, in Zeiten explodierender Lebenserhaltungskosten, ist ein Inflationsausgleich das Mindeste, was den Beschäftigten zusteht. Wir sind guter Hoffnung, dass sich Gewerkschaften und Geschäftsleitung auf ein für beide Seiten annehmbares Verhandlungsergebnis einigen werden.

Aber nun drängt es doch, zunächst diesen unerträglichen Vorfall vom vorletzten Wochenende, also in der Nacht zum 25. März anzusprechen den anlasslosen und brutalen Angriff nach allem Anschein von rechtsextremistisch orientierten Gewalttätern mitten im Zentrum von Chemnitz auf Teilnehmende einer ausländischen Kulturdelegation, die zu einem Netzwerktreffen in unserer Stadt weilten.

Wir verkennen auch nicht, dass es der Polizei gelungen ist, eine Gruppe von 7 Personen als mutmaßliche Täter zu stellen. Und wir haben auch den Eindruck, dass in der Sache unter Einbeziehung des Staatsschutzes und wie wir hoffen unter straffer Ermittlungsleitung durch die Staatsanwaltschaft Chemnitz professionell ermittelt wird.

Tatsächlich ist die Aufklärung und Verfolgung der Straftat selbst Sache der zuständigen Polizei- und Justizbehörden, wobei wir ausdrücklich die Erwartung unseres Ordnungsbürgermeisters Knut Kunze hinsichtlich schneller und zielgerichteter Ermittlungen ohne Zeitverzug teilen.

Aber das darf nicht bei der Bestrafung der unmittelbaren Täter aufhören. Es bedarf endlich dem, was die einschlägigen Profis als greifende Strukturerforschung bezeichnen.

Chemnitz ist in Verantwortung, dafür zu sorgen, dass endlich diesen rechtsextremistischen Strukturen und Personenzusammenhängen, aus denen heraus sich immer wieder derartige Vorfälle speisen, energisch zu Leibe gerückt wird. Sie schädigen nicht nur das Ansehen und die Anziehungskraft unserer Stadt, sondern und im Besonderen sind sie eine Gefahr für unsere Demokratie.

Wir sind es leid, auf dem Wege weg vom Rufbild einer Nazihochburg hin zu Europas Kulturhauptstadt immer wieder mit kriminellen und sonstigen rechtsextremistischen Vorfällen konfrontiert zu werden, die unsere Stadt und ihr Ansehen diskreditieren. Mit dem Beschweigen dieser Vorgänge klärt sich aber gar nichts. Wir müssen weg von diesem Herumgedruckse, wenn rassistisches und rechtsextremistisches Gedankengut als Tathintergrund aus jedem Knopfloch lugt.

Wer aus rassistischen, antisemitischen oder sonst rechtsextremen Motiven Menschen antastet, allzumal Gäste unserer Stadt, die einen Austausch über Kultur führen wollen, der tastet Chemnitz an! Und so prinzipiell muss die Stadtgesellschaft und an erster Stelle der Stadtrat hierauf reagieren.

Und so prinzipiell muss diese Problematik m. E. im noch zu erarbeitenden Sicherheitskonzept für die Kulturhauptstadt Europas angegangen werden!