Aus dem Stadtrat vom 25. September: Fraktionserklärung
Die finanzielle Lage unserer Stadt ist ernst. Da brauchen wir nichts beschönigen und nichts wegreden. Aber – und das muss gestattet sein – wir müssen auch über die Ursachen reden.
Denn das Haushaltsloch ist nicht eigenverschuldet. Weder pflastern wir unseren Marktplatz mit Goldnuggets, noch fließt Champagner aus den städtischen Brunnen. Es kommt, wie in vielen deutschen Kommunen, vor allem durch höhere Energie‑, Bau- und Personalkosten zustande sowie durch die Mehraufgaben von Bund und Land, ohne dass es einen finanziellen Ausgleich gibt.
Und da sind wir auch bei der Hauptkrux des Problems. Bund und Land lassen ihre Kommunen ausbluten; von einer bedarfsgerechten oder flexiblen Finanzierung ihrer Gemeinden sind wir weit entfernt. Und der Entwurf des neuen Bundeshaushaltes wird es eher schlechter als besser machen.
570 Mio € weniger bei Integrationskursen, 114 Mio € weniger bei der Inklusionsförderung,40 Mio € weniger beim Bundesfreiwilligendienst, 450 Mio € weniger bei den Arbeitseingliederungsmaßnahmen. Das sind nur ein paar Beispiele, aber die haben alle auch Auswirkungen auf unsere Stadt. Bspw. werden die Chemnitzer Migrationsberatungsstellen zum großen Teil auch durch Bundesfördermittel finanziert. D.h. wir als Kommune können das nicht auffangen, ergo noch weniger Angebote, noch weniger Beratung. Und das in einem Bereich, der für eine gelungene und erfolgreiche Integration arbeitet.
Hinzu kommt die heilige Schuldenbremse. Wobei Investitionsbremse das passendere Wort ist. Das Beispiel der Carolabrücke in Dresden zeigt auf dramatische Weise, was passiert, wenn Investitionen in die Infrastruktur zu lange hinausgezögert werden. Auch in Chemnitz gibt es Infrastruktur, die dringend sanierungsbedürftig ist. Die Carolabrücke ist ein Sinnbild für den Verfall, den wir in der gesamten deutschen Infrastruktur beobachten. Die Regierung will rund 81 Milliarden € für Investitionen bereitstellen. Das ist aber ein Tropfen auf den heißen Stein, wenn man die konservativen Schätzungen zugrunde legt, die eigentlich benötigt werden: nämlich circa 600 Milliarden Euro. Man könnte ketzerisch fragen: Wenn es eine Schuldenbremse für die Infrastruktur und den Bildungsbereich gibt, wo bleibt endlich die Schuldenbremse für die Rüstungsausgaben?
Chemnitz ist nächstes Jahr Kulturhauptstadt Europas – ein Titel, der unsere Stadt weit über die Landesgrenzen hinaus sichtbar macht. In ein solches Jahr Kürzungen einfließen zu lassen, wäre fatal. Wir müssen sicherstellen, dass diese Chance nicht durch finanzielle Engpässe untergraben wird.
Natürlich stehen wir als Linke weiterhin für eine Diskussion über unsere Haushaltslage bereit. Denn auch wir wollen eine handlungsfähige Kommune. Aber Sparen um jeden Preis? Die Schließung von wichtigen Einrichtung und Streichung von Projekten, die unsere Stadt lebenswert machen? Ohne das wir als Kommune die Hauptschuldigen sind? Wir meinen und das schon viele Jahre, da müssen auch andere erst einmal ihre Hausaufgaben machen. Hier braucht es endlich auch einmal den Aufstand aller deutschen Kommunen, dass es so nicht weitergehen kann. Wir sind zwar die kleinste politische Ebene, aber ohne die Arbeit der kommunalen Verwaltungen, der Räte und der vielen engagierten Menschen vor Ort, würde vieles schon lange nicht mehr laufen. Das müssen Bund und Land auch endlich mal honorieren und ihrer Pflicht der auskömmlichen Finanzierung nachkommen.