Aus dem Stadtrat vom 9. April: Städtepartnerschaft zu Wolgograd im Kulturhauptstadtjahr 2025 reaktivieren
Auch ohne auf den Einreicher zu gucken, weiß man beim Titel schon, wer er ist. Ohne den Antrag mies zu machen; haben wir nicht andere, viel drängendere Probleme in der Stadt, im Land, im Bund, in Europa? Zweifelsohne, die Städtepartnerschaft mit Wolgograd, dem ehemaligen Stalingrad, ist wesentlicher Teil unserer Verantwortung für die deutschen Menschheitsverbrechen an den europäischen Völkern, besonders gegen die Völker der Sowjetunion. Stalingrad war der Wendepunkt im 2. Weltkrieg, der am 8.Mai 1945 mit der Befreiung des deutschen Volkes vom Hitlerfaschismus zu Ende ging. 80 Jahre ist das nun her und immer noch ernste Mahnung, dass nie wieder Nazis und Faschisten die Geschicke Deutschlands in ihre Hände bekommen. Nie wieder.
Die BSW ‑Fraktion beantragt, dass Vertreter der Partnerstadt Wolgograd in diesem Jahr nach Chemnitz eingeladen werden. Der Antrag wird als Prüfauftrag formuliert und aufrechterhalten – obwohl mit der Stellungnahme des OB die Prüfung schon erfolgt ist.
Man kann es drehen und wenden, wie man will – Russland hat die Ukraine überfallen und nicht umgekehrt. Auch wenn die Menschen in Wolgograd – jeder einzelne – nicht dafür direkte Verantwortung tragen. Wer einen Krieg beginnt, fragt nicht erst seine Bürger; er setzt sie nur Leid und Verderben aus. Die Geschichte ist voll von solchen Geschichten. Wer seine Nachbarn überfällt und damit den Tod von hunderttausenden Menschen in Kauf nimmt – auch Soldaten sind Menschen, die sich eine andere Zukunft gewünscht haben, kann nicht unser Partner oder gar unser Freund sein – auch wenn ich, bestimmt wie viele hier im Rat, das vor Jahren anders gesehen habe und hoffe, dass man dies baldigst bezogen auf Wolgograd anders formulieren kann.
In den Jahren vor dem Überfall habe mich ich oft mit Vertretern aus Wolgograd – ob auf der Buchmesse, bei einer internationalen Konferenz in der Schweiz oder bei einer Fahrt durch das Erzgebirge getroffen. Mein Freund, der ehemalige Oberbürgermeister und Ehrenbürger von Hiroshima war stets mit dabei und ich gebe zu, die Gespräche mit ihm fehlen mir. Aber solange nicht der Krieg federführend durch Russland beendet wird, solange kann und sollte eine Kommune keine offizielle Einladung aussprechen. Völlig wird bei dem BSW ‑Antrag übersehen, dass offizielle Vertreter aus Wolgograd nicht anreisen dürften und eher mit Problemen durch den Kreml zu rechnen hätten. Aber darum geht es ihnen nicht; sie wollen nur wieder provozieren und sich anschließend als Opfer darstellen. Oder die Landesdirektion anrufen, wenn ihnen die Entscheidung des Stadtrates nicht in den Kram passt. Haben sie die Beschwerde an die Landesdirektion schon geschrieben? Festzuhalten ist übriges auch, dass die Partnerschaft mit Wolgograd nur ruht; nicht gekündigt wurde. Diesem Fakt würden wir selbstverständlich vehement widersprechen.
Meine Fraktion bittet deshalb den Oberbürgermeister sofort nach Friedensschluss die Normalisierung der Städtepartnerschaft einzuleiten.